Mittwoch, 25. Mai 2016

Friedenserklärung statt Friedensvertrag

weil es immer wieder kommt "Deutschland braucht einen Friedensvertrag" hier mal eine Sichtweise, die ich noch nie in den gängigen Diskussionen wahrgenommen habe.

ich hab mir von meiner Warte aus Gedanken gemacht und gebe
damit NICHT irgendeine offizielle Rechtslage wieder, sondern MEIN persönliches
Empfinden. Diesem liegen aber meine Handlungen und Fokussierungen
zugrunde - daher ist es nicht weniger bedeutend für meine Prioritäten
als das Wahrnehmen äußerer Umstände und Rechtslagen.

Eine "Kriegserklärung" ist zunächst etwas Einseitiges - 


dazu braucht
es KEINE Unterschrift des anderen (unabhängig von den GRÜNDEN, die
mich dazu veranlasst haben, wähle ich die Methode "Krieg" oder auch
nicht).

Ich kann angreifend handeln - ob nun als Einzelmensch oder als
Körperschaft/Firma/Staat - mich gegen jemand oder etwas anderes
richten und dies "bekämpfen".
Vermutlich ist dann der andere irgendwann auch so weit, dass er mir
Feindseligkeit oder Krieg erklärt - oder deklariert sein
Abwehrgebahren als reine Abwehr oder Notwehr - in letztem Fall
bräuchte es KEINE Friedens"erklärung", weil Friede als Normalzustand
(für ihn) empfunden würde und Angriffe halt nur zum "Frieden mit sich
selbst" erfolgen - also damit man überleben und weiterexistieren kann.

Wer STARK genug ist, braucht ohne Existenzangst auf kein Kriegsangebot
einzugehen. Aber sich drauf einlassen, kann ja auch etwas klärendes
haben - sofern man den anderen nicht vernichten sondern nur Grenzen
erleben und bewusstmachen will.

Wie lang ich meiner eigenen (Kriegs)Erklärung "treu" bleibe(n kann)
liegt an meiner eigenen Entwicklung und meiner technischen Möglichkeit,
Agressionen aufrecht zu erhalten.
Wenn ich "kapituliere" gestehe ich mir damit mein Versagen ein, also
nicht dass ich Lust habe mich mit dem anderen zu Vertragen, sondern
einfach, dass ich nicht mehr kann.

Einen "Friedensvertrag" bräuchte es nur als Ausdruck eines nicht abgeshclossenen Prozesses, wo grundsätzlich auch nach
kriegerischen Handlungen "Drohpotential" und Angriffslust oder
Vergeltungslust besteht.


Wo die Regeln des Kriegerischen als die inzwschen "normalen" gewertet
werden, von denen abweichend ein Sonderfall - der Friede - eintritt.

Damit dieser EINVERNEHMLICH verbindlich umgesetzt wird, bräuchte es
dann einen Vertrag - was ggf. dem WESEN des Friedens als eine Form
gelebter LIEBE völlig entgegengerichtet ist.

EINSEITIG kann ich aber immer den Frieden allen anderen - so auch
meinem Gegner - erklären.**
Sogar mit dem VORTEIL, dass ich nicht dessen Bedingungen akzeptieren
muss, sondern für mich definieren kann, unter welchen Bedinungen ICH
entgleise (und ggf. auch WIE) und unter welchen ggf. sogar widrigen
Bedingungen ich auf kriegerische Akte verzichte. Ich kann dabei frei
festlegen, woran ich erkenne, dass Frieden herrscht und  was für mich
Angriff ist und was freies Handeln und was entgegenkommendes Handeln
in Freundschaft.

Der andere kann das ansehen und für sich entscheiden, ob ihm diese
Erklärung Angebot oder Einladung ist, friedlich neben oder gar
kooperativ mit mir zu existieren - oder ob er weiterhin das Bedürfnis
hat, mir zu schaden.

Es ist also meiner Denkweise nach sinnlos, einen "Friedensvertrag" zu
fordern, sondern man kann das nur ANBIETEN
*.

Sätze wie: "RALPH (Name als symbolischer Platzhalter), du MUSST dich mit mir vertragen - hier sind meine Bedingungen":

das wäre kein "Frieden", sondern ein Geschäfts- oder
Waffenstillstandsvertrag - es ist eine "Rechtsfolgenbelehrung" durch die Bedingungen enthalten und dies ist vermutlich
hinderlich für den echten Frieden.
Es ist vielleicht eine (verzweifelte) Notlösung bestehende Brutalität oder sonstges Unrecht zu beenden...

Ebenso würde ich nie einen Kriegsvertrag schließen - ich bin im Kampf
wenn die Dinge es erfordern oder es passiert und das kann ich
einseitig erklären und begründen mit Rücksicht auf die Umstände - aber
ich brauche nicht das o.k. des Gegners. Ich mach das dann ja, weil der Gegner mir irgendwie nicht passt...
Ich brauche statt seines "o.k."s nur WECHSELWIRKUNGSMÖGLICHKEIT mit ihm, um mich kriegerisch an ihm zu erproben und muss zulassen, dass er sich an mir erproben kann (was bei privaten Konflikten deutlicher ist als bei Kriegen, wo ich als
Individuum nicht selbst gefragt, sondern reingezogen werde).

Aber ich kann auch ganz bewusst auf Kriegsangebote verzichten und auf anderen Ebenen auf Anstöße reagieren.

Wenn der Gegner sein o.k. gibt mit mir zu kämpfen, dann sind wir nicht
im Krieg, sondern in einer Art Wettbeweb, Sport etc. mit potentiell
tödlichem Ausgang. Brot und Spiele (auf Kosten der Bevölkerung) -
nicht unerwünschter Angriff und notwendige Verteidigung zwischen den
Verursachenden.

*Als BEWUSSTMACHUNGSübung ist es vielleicht gut, einen Friedensvetrag
zu entwickeln, damit man sich der (ererbten und ggf. sehr
hinderlichen) Herrschaftsprinzipien ggf. entledigt und frei in liebe
zueinander findet. Er ist für die nötig, die darauf fixiert sind und
sonst nicht praktisch handeln können. Aber ein "Friedensvertrag" ist
niemals erst die Voraussetzung oder BERECHTIGUNG dafür, so zu handeln,
wie ich es im Frieden selbstverständlich hielte.

** Liebeserklärungen sind auch erstmal EINSEITIG. Sie passieren im Idealfall so, dass völlig offen ist, ob oder wie die andere Seite darauf reagiert und sind nicht weniger gültig dadurch, wenn die andere Seite bei ihnen nichts empfindet.
Meist machen Menschen aber keine Liebeserklärungen, sondern bieten der Projektionsfläche ihrer Sehnsüchte und Leidenschaften einen wechselseitigen "Bedürfniserfüllungsvertrag" an. Wenn sich da ein Konsens einstellt, wird ggf. später ein bürgerlicher Vertrag geschlossen oder wenigstens einer Öffentlichkeit oder Zeugenschaft von beiden Seiten gezeigt, dass man "zusammengehört".

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